Das Problem

Die Probleme der Flüsse und Auen

Im Jahr 2009 wurde vom Bundesumweltministerium der Bericht zur Erfassung und Bewertung von Flussauen in Deutschland sowie daran anschließend der Auenzustandsbericht veröffentlicht (Brunotte et al. 2009). Darin wurde für die deutschen Fließgewässer und Auen ein erschreckend schlechter Zustand nachgewiesen. Die zugrundeliegenden Untersuchungen zeigten:

Die Flüsse und Auen in Deutschland haben 2 große Probleme.

1. Problem: Viele Flüsse wurden verbaut und die Auen zerstört.

Viele ehemalige Auen sind heute nicht mehr vorhanden. Zwei Drittel der ursprünglich rund 15.000 km2 Auenfläche in Deutschland sind durch Deiche von den Flüssen abgetrennt und stehen als Rückhalteraum bei Hochwasser oder als Habitat für Pflanzen und Tiere nicht mehr zur Verfügung (Abbildung 1). An den großen Strömen Rhein, Elbe, Donau und Oder sind die Flächenverluste sogar noch größer.
Gründe für die Abtrennung der Flächen sind der Schutz von Ackerland, Siedlungen, Gewerbe- oder Industrieflächen vor Hochwasser. Oder die Flächen sind durch den Bau von Stauanlagen etc. dauerhaft überflutet (Abbildung 2). Regional kommen weitere künstliche Veränderungen hinzu, wie Flächenverluste durch Abgrabungsgewässer von Kiesgruben.

2. Problem: Der heutige Zustand vieler Gewässer und Auen ist schlecht.

Gewässer und Auen wurden durch menschliche Aktivitäten verändert und sind heute funktional stark eingeschränkt. Die umfassenden Veränderungen hängen auch damit zusammen, dass Auen historisch Ausgangspunkte der Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung waren und so früh in den Fokus für wasserbauliche Maßnahmen gerückt sind (Brunotte et al. 2009). Durch die vielen Interessen und Raumansprüche bestehen häufig Nutzungskonflikte und die Auen werden oft intensiv genutzt (Abbildung 3).
Neben bereits erwähnten menschliche Eingriffen wie Deichbau und Stauregulierungen schränkt der Gewässerausbau mit flächenhaftem Uferverbau, einer monotonen Linienführung, Wasserausleitungen und weiteren Abflussregulierungen die Morphodynamik der Gewässer stark ein und hemmt die natürliche Dynamik des Fluss-Aue-Systems. Die Konnektivität im Längsverlauf des Flusses als auch zwischen Fluss und Aue ist dadurch stark beeinträchtigt (Abbildung 4). Dadurch verlieren typische Auenhabitate ihre charakteristischen Standortbedingungen und die Artausstattung verändert sich hin zur zonalen Ausprägung, d. h. zu außerhalb der Auen vorkommenden Artengemeinschaften. Mehr als 75 % aller Gewässer- und Auenbiotoptypen in Deutschland sind gefährdet, was zu einer dramatischen Reduzierung der Biodiversität führt (Ellwanger et al. 2012). Davon sind beispielsweise großflächig die Hartholzauwälder betroffen, von denen heute nur noch weniger als 1 % der ursprünglichen Ausdehnung vorhanden ist (Brunotte et al. 2009).
Große Anteile der Auenflächen werden landwirtschaftlich genutzt. Dies kann zu stofflichen Belastungen der Gewässer und Aueböden durch Schad- und Nährstoffe aus Düngemittel und Pestiziden führen.
Insgesamt werden von den verbliebenen rezenten Auen in Deutschland nur noch 10 % als naturnah mit geringen Veränderungen bewertet; ein Drittel der Flächen werden intensiv als Acker-, Siedlungs-, Verkehrs- und Gewerbeflächen genutzt. In den Altauen wird etwa die Hälfte der Flächen ackerbaulich genutzt (Brunotte et al. 2009). 
Abbildung 3: Die Bewertung der Naturnähe der großen Flussauen in Deutschland anhand von fünf Zustandsklassen (links, Brunotte et al. 2009) und ökologischer Zustand der Flüsse in Deutschland (rechts, BMUB & UBA 2016).
Im Jahr 2000 wurde in Europa die Wasserrahmenrichtlinie verabschiedet (Richtlinie 2000/60/EG). Diese fordert von den europäischen Mitgliedsstaaten, dass die Gewässer bis zum Jahr 2027 mindestens einen guten ökologischen Zustand aufweisen. Derzeit erreichen nicht einmal 7 % der deutschen Flüsse dieses Ziel (siehe Abbildung 3 rechts, BMUB & UBA 2016).
Lässt sich diese Forderung noch umsetzen?
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